Mit Urteil vom 27. Oktober 2021 (Az. XII ZR 84/20) entscheid der XII. Zivilsenat des BGH erneut zur Frage der analogen Anwendbarkeit von § 566 Abs. 1 BGB.
Die Klägerin nahm den Beklagten aus Herausgabe einer Grundstücksfläche in Anspruch. Der Beklagte hatte im Januar 2008 mit der S-GmbH einen auf mindestens zehn Jahre befristen Mietvertrag über die streitgegenständliche Grundstücksfläche abgeschlossen. Die Klägerin erwarb das Grundstück im Juni 2008 von der P-Gesellschaft, einer eigenständigen juristischen Person. Im Januar 2017 erklärte die Klägerin die Kündigung des Mietvertrages und begehrt im vorliegenden Rechtsstreit nun die Herausgabe des streitgegenständlichen Grundstücks.
Der Senat befand, dass § 566 Abs. 1 BGB hier keine unmittelbare Anwendung finde, weil es an der hierfür notwendigen Personenidentität zwischen Veräußerer und Vermieter fehle. Ebenso scheide im vorliegenden Fall eine analoge Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB aus. Der Senat habe bereits entschieden (BGHZ 2015, 236), dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB dann vorlägen, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstückes durch einen Dritten mit Zustimmung des Eigentümers und in dessen alleinigem wirtschaftlichen Interesse erfolge und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses habe. Bei der Bewertung der Analogiefähigkeit des § 566 Abs. 1 BGB sei neben dem Besitzschutzinteresse des Mieters zu berücksichtigen, dass eine Vergleichbarkeit der Interessenlage nur dann gegeben sei, wenn der Eigentümer bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gleichsam als Vermieter angesehen werden könne. Die bloße Zustimmung oder das Einverständnis des Eigentümers zur Vermietung seines Grundstückes durch einen Dritten oder die spätere Genehmigung des durch einen Nichteigentümer abgeschlossenen Mietvertrages würden hingegen nicht ausreichen, um eine analoge Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen.
Im vorliegend vom Senat zu entscheidenden Fall lag kein bloß formales Auseinanderfallen von Vermieter- und Eigentümerstellung vor. Damit war § 566 Abs. 1 BGB nicht (analog) anwendbar und die Klägerin nicht in den befristeten Vertrag eingetreten. Vielmehr schlossen Klägerin und Beklagter in der Folge konkludent einen Mietvertrag ab, welcher mangels Einhaltung der Schriftform auf unbestimmte Zeit abgeschlossen war und damit von der Klägerin unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen gekündigt werden konnte.