Der VIII. Zivilsenat des BGH bestätigte mit Urteil vom 24. November 2021 (Az. VIII ZR 258/19) die bisherige Senatsrechtsprechung zur Mietminderung aufgrund äußerer Einflüsse, die der Vermieter selbst nach § 906 BGB hinnehmen muss. Eine konkludente anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien könne dabei nicht mit der Begründung bejaht werden, dass die Freiheit der Wohnung von Baulärm regelmäßig zum Gegenstand einer entsprechenden Abrede der Mietvertragsparteien werde.
Die Kläger sind seit dem Jahr 2011 Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Die Streithelferin der Beklagten errichtete ab November 2017 auf einem Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite mehrere Wohngebäude. Die Kläger hielten wegen des durch diese Baustelle auf ihre Wohnung einwirkenden Baulärms sowie entsprechender Staubentwicklung eine Mietminderung für geboten.
Der Senat stellt in seiner Entscheidung zunächst fest, dass das Vorliegen einer stillschweigend getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung zur „Freiheit der Wohnung von Baulärm“ allenfalls in besonderen Ausnahmefällen bejaht werden könne und jedenfalls konkrete Anhaltspunkte für die Übernahme einer so weitgehenden und vom Vermieter nicht beherrschbaren Haftung voraussetze. Für die Annahme der erforderlichen beiderseitigen Willensübereinstimmung bezüglich einer „Umweltbedingung“ sei Voraussetzung, dass der Vermieter aus Sicht des objektiven Empfängerhorizontes (§§ 133, 157 BGB) erkennen musste, dass der Mieter die Fortdauer dieses Umstandes über die Dauer des Mietverhältnisses hinweg als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ansieht, und der Vermieter dem zustimme. Soweit es um Immissionen gehe, die von einem Nachbargrundstück auf die Mietsache einwirkten, sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass der Vermieter regelmäßig keinen Einfluss darauf habe, dass die zu Mietbeginn bestehenden Verhältnisse während der gesamten Dauer des Mietvertrages unverändert fortbestehen. Soweit eine konkrete Parteiabrede zur Beschaffenheit der Mietsache fehle, könne dem Vermieter nicht einseitig das Risiko einer geräusch- und schmutzintensiven Nutzungsänderung auf einem Nachbargrundstück zugewiesen werden.Bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen begründeten nachträglich erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen durch Dritte jedenfalls dann grundsätzlich keinen zu Minderung führenden Mangel gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten als unüblich oder ortsüblich hinnehmen müsse (§ 906 BGB); insoweit nehme der Wohnungsmieter an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil.